Viel erreicht, viel zu tun

Dr. Jan Oliver Huber · Generalsekretär der Pharmig – Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs
Dr. Jan Oliver Huber

Mit dem Jahreswechsel 2013/2014 ist ein ereignisreiches Jahr für die pharmazeutische Industrie in Österreich zu Ende gegangen. 2013 wurde in Österreich auch der Nationalrat neu gewählt – eine Regierungsumbildung stand an. Es blieb bis zum Schluss spannend, ob das Gesundheitsministerium als eigenständiges Ministerium erhalten bleibt und ob der Minister weitere 5 Jahre im Amt bleibt. Am 12.12.2013 war klar – alles bleibt beim Alten. Von besonderer Bedeutung ist dieses Ergebnis unter anderem aufgrund der erst im Frühjahr 2013 beschlossenen Gesundheitsreform, mit welcher grundlegende Weichen gestellt wurden. Die Herausforderungen, die diese Gesundheitsreform nun mit sich bringt, machen ein eigenständiges Ministerium mehr als notwendig. Doch auch angesichts der weiteren derzeit aktuellen und kommenden Herausforderungen sind die kürzlich stattgehabten Entwicklungen zu begrüßen. Nachfolgend ein kurzer Einblick, was die pharmazeutische Industrie Österreichs bewegt und auch 2014 bewegen wird.

Fortsetzung der Reformschritte

Eigenverantwortung, Kompetenzen stärken, Effizienzsteigerung, einheitliche Qualitätsstandards, Zielsteuerungsverträge – vielsagende Überschriften und Konzepte sollen nun durch konkrete Maßnahmen mit Leben erfüllt werden. Ein wichtiger Ansatz der Reform ist, dass Patienten in Österreich in Zukunft bestmöglich, also am richtigen Ort, zum richtigen Zeitpunkt und ökonomisch sinnvoll versorgt werden. Dieses Konzept des „Best Point of Service“ kann nur dann umgesetzt werden, wenn partnerschaftlich und mit konkreten Ansätzen auf die Themen fokussiert wird, die die Zukunft der Gesundheitspolitik ausmachen. Ein so weitreichender Umbau eines derart komplexen Systems kann nur gemeinsam mit allen Stakeholdern gelingen. Die pharmazeutische Industrie Österreichs hat mehrfach und klar ihre Bereitschaft signalisiert, in diesem Prozess – dem Fit-Machen des Gesundheitssystems – eine aktive Rolle übernehmen zu wollen. Bereits in der Vergangenheit hat man dazu, weit über das Kern-Geschäft der Erforschung, Entwicklung und Produktion innovativer Arzneimittel hinaus, klare Zeichen gesetzt: Die Pharmaindustrie investiert gemeinsam mit dem Hauptverband und den Krankenkassen in gemeinsame Gesundheitsziele. 2012 wurden mit 2,2 Mio. Euro 18 Projekte mit Fokus auf die Kindergesundheit finanziert. 2013 wurden erneut 1,13 Mio. Euro für Projekte im Bereich der Prävention von Süchten und psychosozialen Erkrankungen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus hat die pharmazeutische Industrie Österreichs maßgeblich zur Finanzierung und dem Aufbau des Forschungsnetzwerks OKIDS beigetragen, welches nicht nur die Versorgung der Kinder mit für sie zugelassenen Arzneimitteln nachhaltig verbessern soll, sondern auch als wesentlicher Impuls für den Forschungsstandort Österreich zu werten ist.

Doch auch das Kern-Geschäft der Pharmawirtschaft wird in Zusammenhang mit der Gesundheitsreform eine Rolle spielen. Die pharmazeutische Industrie zeichnet sich durch ein hohes Maß an Innovationskraft aus. Die einzelnen Unternehmen beweisen kontinuierlich ihre Kompetenzen und den Willen, das Gesundheitssystem mitzugestalten. So tragen moderne Therapien wesentlich dazu bei, dass die Menschen in Österreich immer älter werden und mehr gesunde Lebensjahre verbringen können. Gleichzeitig kann die Berufsfähigkeit länger erhalten werden, was wiederum soziale Folgekosten, verursacht etwa durch lange Krankenhausaufenthalte, eine frühe Erwerbsunfähigkeit oder hohen Pflegebedarf reduzieren kann. Innovative Arzneimittel können diese Faktoren wesentlich beeinflussen. Für die pharmazeutische Industrie Österreichs wird es in den nächsten fünf Jahren auch darum gehen, welche Rolle innovative Arzneimittel spielen werden. Moderne Arzneimittel fördern die Gesundheit der Bevölkerung und bilden somit einen wesentlichen Pfeiler jedes Gesundheitssystems. Darüber hinaus fördern sie die Wirtschaftsleistung unseres Landes und müssen, gerade aufgrund des anhaltenden Kostendrucks auf öffentliche Budgets und damit auch auf Gesundheitsausgaben, eine weitaus zentralere Bedeutung erhalten.

Beitrag zur Kassensanierung

Bereits jetzt übernimmt die Pharmaindustrie in Österreich einen aktiven Part im Gesundheitssystem: sie leistet einen wesentlichen und entscheidenden Beitrag zur finanziellen Stabilität der österreichischen Krankenkassen. So wird die Ausgabenentwicklung allein durch die Patentabläufe auf Medikamente und der damit verbundenen Zwangspreissenkung seit 2009 um mindestens 2,3 Mrd. Euro gedämpft. Auch in den kommenden Jahren stehen bedeutende Patentabläufe an; die damit einhergehenden Preissenkungen werden sich auch im neuen Jahr bemerkbar machen. Die Umsätze der letzten Monate stagnieren, das jährliche Durchschnittswachstum dürfte wohl unter den prognostizierten 2,5 % (lt. IMS Health) liegen. Die endgültigen Wachstumszahlen, die voraussichtlich kein Wachstum mehr darstellen, werden in etwa nur bei 1 % liegen und könnten somit sogar unter der Inflationsrate (vorläufige Inflationsrate 2013 derzeit 1,4 % lt. Statistik Austria) liegen.

Darüber hinaus haben sich die Pharmaunternehmen gemeinsam mit dem Pharmagroßhandel im sogenannten Rahmen-Pharmavertrag mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger freiwillig zu Solidarbeiträgen verpflichtet. Dieser Vertrag besteht seit dem Jahr 2008 und wurde aufgrund seines Erfolges im Jahr 2011 bis Ende 2015 verlängert. In dem Zeitraum der Verlängerung (2011–2015) leistet die Pharmawirtschaft erneut einen Beitrag in Höhe von 82 Mio. Euro, wovon 6,75 Mio. Euro für gemeinsame Gesundheitsziele im Bereich Kindergesundheit und Prävention zweckgewidmet sind.

Teuer, aber notwendig – gemeinsam gegen Arzneimittelfälschungen

Bis 2017 will die EU mit der „Richtlinie gegen das Eindringen gefälschter Arzneimittel in die legale Lieferkette“ einheitliche Standards zum Schutz von Arzneimitteln schaffen. Maßnahmen wie Codierung und Serialisierung sollen die Fälschungssicherheit von Arzneimitteln gewährleisten. Die pharmazeutischen Unternehmen entwickeln umfangreiche und auch sehr kostenintensive Maßnahmen, um Fälschern das Handwerk zu legen. Das erfordert nicht nur Zeit und Geld, sondern auch das entsprechende Know-how. Für die Pharmaindustrie hat die Vorbereitung auf die Umsetzung daher bereits 2013 begonnen – das Thema wird nicht nur bis zur endgültigen Umsetzung 2017, sondern noch lange darüber hinaus ein ständiger Wegbegleiter sein. Kostenintensiv bedeutet, dass für die damit verbundenen Investitionen mit etwa 6,8 bis 11 Mrd. Euro zu rechnen ist. Die Kosten für die Umsetzung der EU-Richtlinie sind also enorm und werden zur Gänze von den Unternehmen getragen, aber angesichts der Gefahren, die Arzneimittelfälschungen für die Gesundheit bedeuten, sind diese Investitionen eine Notwendigkeit. Die Vertriebskette in Österreich – Hersteller, Großhandel, Apotheken – soll transparent und sicher bleiben. Das ist der pharmazeutischen Industrie Österreichs ein echtes Anliegen.

Ausblick

Was die pharmazeutische Industrie antreibt und ausmacht, ist das Erforschen und Entwickeln von Arzneimitteln, um unser Leben lebenswerter zu machen. Dabei ist kaum eine andere Branche durch derart viele Gesetze, Reglementierungen und Richtlinien geprägt wie die pharmazeutische Industrie. Sie wirken sich auf alle Bereiche aus – Forschung und Entwicklung, Produktion, Vertrieb oder Marketing. Dennoch wird die Pharmawirtschaft auch im Jahr 2014 ihrem Auftrag, innovative und bewährte Arzneimittel für die Patienten verfügbar zu machen, nachkommen. Einmal mehr bieten wir, die pharmazeutische Industrie, als engagierte und kompetente Partnerin an, das Gesundheitswesen mit unserem Know-how mitzugestalten. Die enge Zusammenarbeit aller Systempartner wird auch im kommenden Jahr ein Schlüsselfaktor sein, um unser solidarisches Gesundheitssystem an die Bedürfnisse der Zukunft anzupassen.

pharmind 2014, Nr. 1, Seite 12